Das Médoc
Im Gironde-Gebiet nimmt das Médoc eine Sonderstellung ein. Auf ihrer Halbinsel eingeschlossen und gleichzeitig aufgrund der tief ins Landesinnere hineinreichenden Trichtermündung der Gironde weit offen für die Welt, erscheinen das Médoc
und seine Bewohner wie eine perfekte Verkörperung des aquitanischen Temperaments, das zwischen Abkapselung und Weltoffenheit schwankt. Deshalb ist es nicht erstaunlich, das man hier ebenso kleine, kaum bekannte Familienbetriebe findet wie große, berühmte Weingüter, die mächtigen französischen oder internationalen Konzernen gehören.
Durch die verschiedenartige Architektur seiner Schlösser und die Vielfalt der Weine, die dort produziert werden zählt das Médoc
zu den französischen Landschaften, die dem Besucher die unvergeßlichsten Eindrücke hinterlassen. Die Strasse durch die Weingärten, die die Dörfer Margaux, Saint-Julien, Pauillac und Saint-Estèphe durchquert, bietet in einer Tagesfahrt, vielleicht sogar einer Nachmittagstour, einen begeisternden Einblick in die Familie der Médoc-Weine, wobei leicht zu erkennen ist, welche Rolle hier die herrliche Landschaft und die geologische Situation spielen, welche großen
Schwierigkeiten sie aber auch auf dem Wege zur Produktion der besten Weine des Landes bereiten.
Vier Faktoren tragen zur Qualität des Weines bei:
der Boden, das Mikroklima, die Rebsorten und der Winzer. Abgesehen von dem jährlich anderem Wetter ist der Mensch der unbeständigste dieser Faktoren. Eigentümer und Winzer wechseln, während Mikroklima, Boden und Rebsorten fast stets gleich bleiben. Es gibt auf der ganzen Welt keinen anderen Platz, an dem sich diese drei Faktoren zu solcher Harmonie zusammenfinden wie hier. Hier belasten Boden und Mikroklima das Rebgut bis zur äussersten Grenze seiner Widerstandskraft. In den armen Boden dringen die Rebwurzeln viel tiefer ein als die Rebe oberirdisch wächst. Daher wird sie bis zu achtzig Jahre alt und erreicht eine Tiefe von 4 Metern, zuweilen sogar 8 Metern.
Das Alter des Rebstockes ist auch eine Frage der Qualität. Der Weinstock produziert seinen besten Wein erst, wenn er wenigstens zehn Jahre alt ist, und er verbessert seine Leistung noch lange mit steigendem Alter.
Für den Hersteller bedeutet die Erhaltung der alten Rebstöcke große Opfer, denn mit steigendem Alter und höherer Qualität vermindert sich die Menge in gleichem Masse, was natürlich beim Ertrag zu spüren ist. Im Laufe der Jahrhunderte haben die Weinbauern im
Médoc mit fast allen Rebsorten experimentiert, um diejenigen herauszufinden, die sich am besten mit dem Boden und dem harten Klima vertragen. Schließlich entschieden sie sich fast ausschließlich für vier Sorten: Cabernet Sauvignon, Merlot, Cabernet Franc und Petit Verdot.
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